Eine Saison auf der Alp: «Hier erscheint uns alles schöner»

An diesem Sommermorgen ist der Tag auf der Alpage de la Moesettaz in Le Brassus (VD) noch nicht angebrochen. Schon seit einiger Zeit knistert das Feuer unter den Kesseln, die mit erhitzter Milch gefüllt sind. Es herrscht absolute Ruhe, während Martial Rod den Käsebruch schneidet. Der Teig bildet sich und verspricht Geschmack und Geschmeidigkeit. Zwischen gekonnten Handgriffen erzählt der Älpler von seiner Liebe zum Leben in dieser Gegend mit blühenden Weiden.

03 Sep 2024
Rund um Gruyère AOP Wettbewerbe

«Es macht mich stolz, Le Gruyère d'Alpage AOP zu produzieren. Es ist eine Tradition, die mir sehr am Herzen liegt.»

Martial Rod, Käser auf der Alp La Moesettaz

Martial Rod, sind Sie auf der Alp quasi ein «Saisonkäser»?

Ja, das könnte man so sagen! Ich stelle von Mai bis Oktober jeden Tag Gruyère d'Alpage AOP her, meistens zusammen mit meinem Sohn Yannick. Um 4 Uhr morgens, wenn er die Kühe austreibt, tauche ich die Laibe vom Vortag ins Salzbad. Wir beginnen dann mit der Verarbeitung der Milch vom Vorabend und der Milch vom Morgen. Der Gerinnungsvorgang wird um 5:30 Uhr gestartet. Um täglich vier Laibe herzustellen, haben wir bis 10 Uhr Zeit. Anschliessend geht es in den Reifungsraum. Vom Melken der Kühe bis zur Herstellung machen wir alles alleine, bei uns gibt es keine Maschinen! Wir stellen Gruyère AOP her! Durch das tägliche Abreiben können wir die Entwicklung der Laibe verfolgen: Das ist wichtig für ein lebendiges Produkt. Die Herstellung macht 50 % des Ergebnisses aus; der Rest passiert während der Reifung.

Was unterscheidet den Gruyère d'Alpage AOP von einem Gruyère AOP aus dem Flachland?

Le Gruyère d'Alpage AOP wird nach besonderen Regeln hergestellt: Die Milch wird über dem Holzfeuer erhitzt, der Bruch wird von Hand geschnitten und die Laibe werden in Hanftüchern gepresst. Sie wiegen zwischen 25 und 30 Kilogramm. Am späten Vormittag und am Abend wenden wir sie mit Muskelkraft. Durch die Automatisierung sind die jungen Käser nicht mehr an diesen traditionellen Handgriff gewöhnt.

Unsere Kühe grasen auf fetten Weiden mit einer grossen Blumenvielfalt und viel Klee. Das wirkt sich auf die Qualität der Milch und den Geschmack des Gruyère AOP aus, der leicht nussig schmeckt. Ich vermeide bei der Herstellung übermässiges Salz, gerade um diesen fruchtigen Geschmack hervorzuheben. Aber das hängt auch vom Sommer ab: Dieses Jahr gibt es viele Blumen. Zum Vergleich: Im letzten Jahr mussten wir unsere Kühe hauptsächlich mit Trockenfutter füttern, weil es so trocken war.

Ihr Gruyère d'Alpage AOP hat mehrere Auszeichnungen erhalten ...

Die jüngste Auszeichnung ist die für den besten Hartkäse beim Alpkäsewettbewerb an der OLMA, der Schweizer Landwirtschafts- und Ernährungsmesse in St. Gallen. Das war 2023. Mein Gruyère d'Alpage AOP wurde 2019 auch als bester Gruyère d'Alpage AOP ausgezeichnet. Die IPG vergibt diese Auszeichnung alle fünf Jahre. Im Jahr 2017 wurde er zum Gruyère AOP d'Etat im Kanton Waadt gewählt. Ich bin stolz auf diese Auszeichnungen. Sie zeugen von der Qualität des traditionellen Know-hows, das mir sehr am Herzen liegt. Und sie bestätigen, dass sich die Investitionen auszahlen, die auf der Alp für die Herstellung und Reifung getätigt werden.

Die Saison ist kurz, was sind die Höhepunkte?

Der Alpauftrieb im Mai und der Alpabzug im Oktober sind Rituale, die wir mit unserer Familie, unseren Freunden und den Freunden unserer drei Kinder feiern. Der Abzug ist fröhlich, aber beim Hinweg ist die Stimmung noch besser! Hier erscheint uns alles schöner als im Flachland: Es ist der ideale Ort für unser Vieh und der direkte Kontakt mit der Natur erfüllt uns mit guter Energie. Ich könnte mir ein anderes Leben nicht vorstellen. Vielleicht, weil ich in dieses Leben hineingeboren wurde, schon mein Vater war Alpkäser.

Werden Ihre Kinder Ihre Nachfolge antreten?

Das wünschen sich alle! Mein Ältester hat sein Diplom als Landwirt in der Tasche und kennt sich bereits mit der Herstellung von Gruyère AOP aus. Der zweite befindet sich in der Lehre. Später teilen sie sich den Betrieb und die Alphütte. Bis dahin hoffe ich, dass wieder mehr Gruyère AOP exportiert wird! Die Produktion aufrechtzuerhalten – oder sogar zu steigern – wird sicherlich eine ihrer Herausforderungen sein. Meine Tochter hat einen anderen Weg eingeschlagen, aber meine Enkelin ist mit dem Leben unter den Tieren auf der Alp verbunden, der Nachwuchs ist gesichert!

Was sind Ihre Verbindungen zur IPG?

Ich vertrete den Gruyère d'Alpage AOP als Taxator. Daher weiss ich, dass die 20 Punkte nicht nur an Freiburger vergeben werden! (lacht) Im Ernst, diese Erfahrung hat mich viel gelehrt. Ich weiss jetzt vor allem, was ich bei der Herstellung und der Reifung verbessern muss.

 

Eine Alpsaison in Zahlen:

  • 40 Milchkühe und 5 Pensionskühe
  • 178 000 kg Milch, die zu Gruyère d'Alpage AOP und Raclettekäse verarbeitet wird
  • 40 Raummeter Holz zum Heizen der Kessel
  • 500 produzierte Laibe, das entspricht 16 Tonnen Le Gruyère d'Alpage AOP

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