«Die IPG ist an einem Wendepunkt ihrer Geschichte»
Nachdem er sich frisch von seinem Posten als Direktor von Fromco in den Ruhestand verabschiedet hatte, schied Jean-Marc Collomb Ende 2023 aus dem Vorstand der IPG aus. Für ihn, der aktiv zu ihrer Gründung vor fast 30 Jahren beigetragen hatte, bevor er die Affineure in verschiedenen Gremien der Organisation vertrat, beginnt ein neues Kapitel.
« Die Akteure der Branche müssen mehr denn je an einem Strang ziehen »
Jean-Marc Collomb, ehemaliges Vorstandsmitglied der IPG
«Ich habe die Anfänge der Westschweizer Allianz zur Rettung des Gruyère miterlebt», erinnert sich Jean-Marc Collomb. In der Tat ging man in den 1990er-Jahren mit dem freien Markt, dem Ende der Subventionen für die Milchproduktion und der Aussetzung der Milchverwertungsmassnahmen des Bundes davon aus, dass die Milch von selbst ihren Weg in die Kanäle mit hoher Wertschöpfung finden würde. Für die Verfechter der Exzellenz des Gruyère ging es darum, die Bedrohung durch die Industrialisierung und die Banalisierung des Produkts zu bekämpfen. Aus diesem Grund arbeitete Jean-Marc Collomb von 1994 bis 1997 mit Philippe Bardet an der Gründung der IPG. Letztere hat ihm die Entwicklung des Organisationskonzepts, die Mobilisierung der Partner – damals 3'200 Milchproduzenten, 200 Käsereien und 7 Reifungsbetriebe –, die Einführung von Managementinstrumenten und die Werbung in der Schweiz und im Ausland zu verdanken. «Wenn ich unseren Bekanntheitsgrad, unsere GUB und die gestiegenen Marktanteile betrachte, kann ich sagen, dass wir gut beraten waren», lächelt Jean-Marc Collomb. Die Zahlen widersprechen ihm nicht: Zwischen 1997 und heute ist die Produktion von 20'000 auf 32'000 Tonnen Gruyère AOP gestiegen.
Sich kennen, um gemeinsam zu funktionieren
Neben anderen Entwicklungen betont Jean-Marc Collomb den Wettbewerb, der die Exportmärkte überschwemmt, sowie die immer höheren Anforderungen der Kunden. Doch eine interne Gegebenheit bereitet ihm die grösste Sorge: der fehlende Gemeinschaftsgeist der IPG. «Die Welt befindet sich im Wandel und die Sortenorganisation an einem Wendepunkt ihrer Geschichte. Globale Krisen, Inflation, der Klimawandel – all das wirkt sich stark auf unsere Branche aus. Die Akteure müssen mehr denn je über Parteipositionen hinweg an einem Strang ziehen», so Jean-Marc Collomb. In diesem Sinne war er kürzlich an der Umsetzung des internen Schulungsprogramms beteiligt, das die drei Berufsgruppen der IPG einander näherbringen und das Netzwerk der Mitglieder dynamisieren soll. «Es haben sich noch zu wenige Personen angemeldet. Dabei ist es eine einzigartige Gelegenheit, die Sortenorganisation als Ganzes und die Realitäten jedes Einzelnen zu verstehen», stellt er fest.
Beteiligung am Milchpreis – ein gangbarer Weg?
Ist die IPG zu normativ? Jean-Marc Collomb hört die Bemerkungen einiger Mitglieder. Persönlich würde er ein System befürworten, in dem jeder mehr Spielraum bei der Einhaltung der grundlegenden Vorgaben des Pflichtenhefts hat. Dies würde eine andere Philosophie und eine andere Führungsart voraussetzen. Dennoch ist das Festhalten an einer gemeinsamen Vision und an gemeinsamen Regeln für ihn unerlässlich: «Ich bedauere die Haltung vieler, die wegen der gesicherten Milchmengen und -preise Mitglied bleiben, aber gleichzeitig ständig über die Rahmenbedingungen meckern». Um die Diskussionen über die geltenden Regeln, insbesondere über die Preise, einzudämmen, macht er einen Vorschlag: «Die Beteiligung der Milchproduzenten am Verkauf und am Preis des Gruyère AOP durch ein partizipatives System würde Klarheit über den Prozess schaffen und das Verständnis zwischen den Akteuren erleichtern».